Das schwarze Schaf der Humanisten
Der größte Verlierer war jedoch die dritte Strömung, nämlich der evolutionäre Humanismus.
Er hatte sich vor allem mit den nationalistischen Bewegungen zusammengetan. Und sprach von überlegenen und primitiven Menschen, die nicht in einen Topf geschmissen werden dürften. Der evolutionäre Humanismus befand, dass ganz bestimmte Menschen bzw. Nationen besonderer sind als andere. Sie träumten davon, dass die gesamte Welt nur aus diesen starken Menschen bestehen sollte.
Hitlers Tausendjähriges Reich war eine Utopie von überlegenen Menschen. In diesen Fahrwassern entstanden Wissenschaftszweige, die sich mit Rassenideologien auseinandersetzten. Sie versuchten, die Annahme von überlegenen Menschen biologisch zu begründen. Dabei wollten sie den evolutionären Humanismus als eine naturwissenschaftlich gesicherte Position verkaufen. Heute wissen wir, wie blödsinnig diese Versuche waren und wissenschaftlich unhaltbar.
Trotzdem muss klar gesagt werden, dass der evolutionäre Humanismus nicht gescheitert ist, weil er wissenschaftlich unhaltbar war und sich letztlich die Wahrheit durchgesetzt hat. Schön wär’s. Denn seien wir ehrlich, die Menschen glaubten lange Zeit an wissenschaftlich weit haarsträubendere Mythen als die Rassenideologie. Und auch sie lebten über Jahrhunderte unbehelligt weiter. So einfach ist das nun mal nicht. Nein, der evolutionäre Humanismus scheiterte militärisch.
Seine Anhänger verloren den Zweiten Weltkrieg.
Die besseren Menschen
Dass er im 21. Jahrhundert seine Wiedererweckung erfährt, hätte niemand gedacht, obwohl es naheliegend war. Schließlich muss man sich, um einen evolutionären Humanismus zu vertreten, nur von dem pseudowissenschaftlichen Ballast der Vergangenheit befreien. Man muss sich an der seriösen Wissenschaft orientieren. Der neue evolutionäre Humanist behauptet nicht mehr, überlegen zu sein, wegen seiner tollen Genetik oder seiner tollen Nation. Das ist passé. Das gehört der Vergangenheit an.
Nein, die Cyborg-Technik macht den Menschen faktisch klüger, schneller und gesünder. Mit der nötigen Technologie, die den Menschen immer Gott gleicher macht, hat der evolutionäre Humanismus sein Ziel erreicht. Zum ersten Mal in der Geschichte hat er tatsächlich wissenschaftliche Belege, warum einige Menschen anderen überlegen sein können. Ab diesem Punkt wird es nur noch ein kleiner Gedankenschritt sein, um zu sagen:
Diese Menschen sind besser und deshalb mehr wert als andere.
Eine solche Annahme ist eine logische Folge. Jede Moderne Gesellschaften muss sich damit beschäftigen. Also jene Gesellschaften, die an der Gleichheit der Menschen festhalten und ihre Gesetze nach sozialen und liberalen Gedanken aufbauen. Wenn einige Menschen mit einer gut ausgestatteten Cyber-Technologie faktisch besser sind als die ohne, inwiefern kann man dann noch von Gleichheit sprechen, ohne dabei esoterisch zu klingen? Ist die Gleichheit dann nicht nur noch ein schlechter Witz? Ein Stück althumanistische Restmoral, über die man leicht schmunzelt, aber die niemand ernst nimmt?
Wie ich in “Sind Cyborgs die besseren Menschen?” erwähnt habe, sprechen Zukunftsforscher von einer Klasse nutzloser Bürger. Wertvolle Arbeit wird nur noch in dem sogenannten quartären Sektor stattfinden. Also dort, wo es ausschließlich hochqualifizierte Menschen gibt. Ich spreche von jene Elite, die über kurz oder lang mit der nötigen Cyborg-Technik vernetzt wird. Für den Rest ist noch keine Lösung gefunden.
Eins ist aber sicher. Es sind nicht die Roboter, vor denen wir uns fürchten müssen, sondern die Menschen.
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
irgendwie nicht ganz passend aber zumindest verwandt! https://www.buzzfeed.com/tedchiang/the-real-danger-to-civilization-isnt-ai-its-runaway?utm_term=.awJYGR7ON6#.rixB8JYD2a
Danke dir, der Artikel hat mir gut gefallen:)