Die Sprache der Massenmedien
Aber die vorherrschende Sprache dieser Welt wird nicht von der Literatur diktiert, sondern von den Massenmedien.
Was passiert in dem Moment, in dem man sich vom Einzelnen abwendet und seinen Blick auf zwei, drei, zehn, hundert, zehntausend Menschen richtet? Wenn die Differenziertheit der individuellen Betrachtung vagen Gemeinplätzen weicht, auf denen die Masse gemütlich Platz findet? Was passiert, wenn man nicht nur von einer Masse spricht, sondern auch zu einer Masse, je größer, desto besser, schließlich geht es um Einschaltquoten und Auflagen?
Das Ziel dieser Medien ist nicht mehr, wahrhaftige Einblicke in die inneren Prozesse von Menschen zu geben. Das Ziel ist Profitmaximierung, ist die Erhaltung eines permanenten Reizzustandes, ist Aufmerksamkeit zu erregen und Konkurrenten auszustechen. Dabei scheint es, als seien nicht die Informationen an sich grundlegend und wichtig, sondern ihre Wucht und der Rhythmus, in dem sie einander ablösen.
Das teuflische Bild, das von den Massenmedien gezeichnet wird, ist inzwischen allgemein bekannt und weit verbreitet. Natürlich seien diese von den Machthabern gelenkt, bestätigt der Durchschnittsbürger, natürlich verfolgen sie eigene Interessen. In Zeiten von Twitter, Facebook & Co. ist mit Kritik an der Presse jeder schnell bei der Hand.
Erstmal nicht schlecht, will man meinen.
Problematisch wird es, wenn die Kritik an den Massenmedien aus demselben Geist stammt, den Grossman den Massenmedien selbst vorgeworfen hat. Dieser Geist verrät sich durch die Banalität und Scheinheiligkeit, mit der er komplexe Probleme behandelt, und durch die ahnungslose Überheblichkeit, mit der er gefährliches Halbwissen verbreitet. Er verrät sich dadurch, dass seine Sprache immer weiter verflacht, bis sie zu einer Aneinanderreihung von Schlagwörtern und Parolen verkommt. Er verrät sich durch einschlägige Feindbilder, die für alle Probleme der Welt herhalten müssen. Argumentiert wird in Schwarzweiß. Den Gemeinplätzen der Massenmedien werden eigene Stereotypen und Vorurteile entgegen gesetzt. Man will sich den Medien widersetzen und merkt nicht, dass man aus demselben Material geschnitzt ist, weil man sich auch meilenweit entfernt hat von den Menschen mit all ihrer Komplexität und all ihren Widersprüchen.
Die Sprache der Massenmedien ist die Sprache der Massen.
1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
sehr schöner Artikel! Worte beschreiben, erklären, verdeutlichen, sensibilisieren, machen aufmerksam – Literatur hat diese Kraft – Menschen beschreiben, Schicksale und unterschiedliche Charaktere. Die Leidenschaft, Motive und Beweggründe beleuchten und ganz wichtig Fragen stellen, die jeder unterschiedlich beantworten kann, wenn er oder sie versucht in die Tiefe zu dringen. Massenmedien bieten hierfür sicher einen Aufriss und eine Provokation, doch dringen sie niemals in die Tiefe… . Der Mensch ist einfach ein zu komplexes Wesen um von A-Z verstanden zu werden. Deshalb wird es immer Chaos im Universum geben.