Psychologie und Glück
Im Grunde beschäftigen sich heute zwei Disziplinen mit der Frage, was Glück ist: Die Psychologie und die Biochemie.
Spricht die Psychologie von Glück, dann geht es vor allem um erfüllte Erwartungen. Je mehr die Welt meinen Erwartungen entspricht, umso glücklicher bin ich. Dabei sind objektive Bedingungen nicht so wichtig. Ob du in der Dritten oder der Ersten Welt lebst, spielt keine Rolle. Nur die Erwartung, die du an das Leben richtest, ist von Bedeutung.
Natürlich können Armut, Hunger und repressive Systeme Einfluss auf dein Wohlbefinden haben und das wiederum auf dein Glücksempfinden. Aber wenn du in der Lage bist, deine Erwartungen runterzuschrauben, steht deinem Glück nichts im Wege. Denn solange deine Erwartungen erfüllt sind, empfindest du Sinn. Und darauf kommt es letztlich an.
Kurzum: Ein glückliches Leben ist ein sinnvolles Leben.
In einer Versuchsreihe bat der Nobelpreisträger Daniel Kahnemann Mütter, stündlich aufzuschreiben, wie sie sich mit ihren Kindern fühlten. Dabei entdeckte er einen seltsamen Widerspruch. Schrieben die Mütter alle glücklichen und alle anstrengenden Momente einzeln auf, dann überwogen die unangenehmen Dinge. Windeln wechseln, Geschirr waschen, Kindergeschrei, Essen machen, Termine wahrnehmen usw. Alles Dinge, die man ungern macht. Trotzdem behaupteten dieselben Mütter am Ende des Tages, ihre Kinder seien ihr größtes Glück.
Bescheidenheit hilft nicht vor Erwartungen
Unterm Strich scheint es also nicht darum zu gehen, in jedem einzelnen Moment glücklich zu sein, sondern im Ganzen. Fühlten sich die Mütter in ihrer Rolle als Mutter zufrieden und entsprach die Welt ihren Erwartungen, waren sie glücklich.
Ein schwerwiegendes Problem bringt die Erwartung aber mit sich. Je besser die Situation ist, in der man lebt, umso höher sind auch die Erwartungen. Es reicht nicht mehr aus, dass man ein Dach überm Kopf hat, einen vollen Magen und von Kriegen verschont bleibt.
Es mag sich edel anhören, wenn man sich ab und zu ermahnt, mit dem zufrieden zu sein, was man hat. Trotzdem ändert das wenig an unseren Erwartungen. Das liegt daran, dass sich Erwartungen nach der eigenen Situation richten. Unser Gehirn hat ein recht begrenztes Einfühlungsvermögen und kann sich gerade mal in Freunde und Familienangehörige hineinversetzen. Und das nicht mal besonders gut. Wenn also Obdachlosigkeit, Hunger und Krieg nicht Teil meiner tatsächlichen Situation sind, spielen sie für meine Erwartungen keine Rolle. Egal, wie viel Bescheidenheit man sich auch einreden mag.
3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Solang du nach dem Glücke jagst,
Bist du nicht reif zum Glücklichsein,
Und wäre alles Liebste dein.
Solang du um Verlornes klagst
Und Ziele hast und rastlos bist,
Weißt du noch nicht, was Friede ist.
Erst wenn du jedem Wunsch entsagst,
Nicht Ziel mehr noch Begehren kennst,
Das Glück nicht mehr mit Namen nennst,
Dann reicht dir des Geschehens Flut
Nicht mehr ans Herz, und deine Seele ruht.
(Hermann Hesse)
Häufig wissen wir, was uns gut tut, tun es aber nicht. Häufig wissen wir auch, was uns auf Dauer nicht gut tut, und tun es trotzdem.
Schöne Grüsse aus Osnabrück
Hey Rainer,
stimme dir total zu. Das Interessante daran ist, dass das Wissen überhaupt nicht ausreicht. Nur weil etwas wissen, heißt es nicht, dass wir danach handeln.