Brauchen wir das Glück so sehr?
Gegenwärtig scheint die Menschheit eher den biochemischen Weg zu gehen. So fließt das Geld in die Pharmaindustrie, die die Zukunft des Glücks gestalten soll. Das hängt auch damit zusammen, dass Glück in kapitalistischen Begriffen nichts weiter als Vergnügen bedeutet. Wir produzieren jedes Jahr bessere Schmerzmittel, neue Geschmacksrichtungen beim Eis, bequemere Matratzen und spannendere Computerspiele. Nur damit uns die Langeweile nicht behelligt.
Das alles wird aber nicht reichen. Das Zukunftsprojekt Glück zielt auf die Veränderung der Biochemie ab. In letzter Konsequenz bedeutet es einen direkten Eingriff in die Genetik. Das mag einem heute wie Science-Fiction vorkommen, ist aber durchaus realistisch. Die Biologie hat längst die Deutungshoheit um die Frage des Glückes gewonnen. Für sie ist das Glück ein biochemisches Problem, das sich technisch durch bessere Pillencocktails und genetische Veränderungen lösen lässt.
Vielleicht sollten wir uns die Frage stellen, inwieweit Glück unser Leben bestimmen sollte. Glück scheint eine dermaßen wichtige Rolle in unserem Leben eingenommen zu haben, dass es zum Selbstzweck geworden ist. Brauchen wir Glück so sehr?
Bislang scheint die Antwort ein deutliches Ja zu sein.
Die Biowissenschaften zeichnen uns die Zukunft vor. Und unsere Gegenmodelle für eine andere Art von Glück sind entweder zu dürftig oder nicht wirklich überzeugend. Sokrates sagte mal, zu viel Glück macht dumm. Aber wen interessiert schon, was ein Sokrates einmal sagte. Was wusste er schon von Dopaminspiegel und seinem Einfluss auf unser Gehirn?
Im Zeitalter der Glückspille streben wir deshalb weiterhin nach der richtigen Biochemie. Wir wollen öfter, länger und intensiver glücklich sein.
3 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Solang du nach dem Glücke jagst,
Bist du nicht reif zum Glücklichsein,
Und wäre alles Liebste dein.
Solang du um Verlornes klagst
Und Ziele hast und rastlos bist,
Weißt du noch nicht, was Friede ist.
Erst wenn du jedem Wunsch entsagst,
Nicht Ziel mehr noch Begehren kennst,
Das Glück nicht mehr mit Namen nennst,
Dann reicht dir des Geschehens Flut
Nicht mehr ans Herz, und deine Seele ruht.
(Hermann Hesse)
Häufig wissen wir, was uns gut tut, tun es aber nicht. Häufig wissen wir auch, was uns auf Dauer nicht gut tut, und tun es trotzdem.
Schöne Grüsse aus Osnabrück
Hey Rainer,
stimme dir total zu. Das Interessante daran ist, dass das Wissen überhaupt nicht ausreicht. Nur weil etwas wissen, heißt es nicht, dass wir danach handeln.