Said und Hamza werden integriert.
Jetzt.
Unter der Erde.
Bei der Trauerfeier waren sie es noch nicht.
Noch musste der Oberbürgermeister betonen, dass sie Kinder dieses Landes waren und keine Fremden.
Noch mussten die Zeitungen betonen, dass sie Azubis waren und keine Kriminellen.
Als müsste man rechtfertigen, dass sie dazugehörten.
Als müsste man beweisen, dass sie Opfer und keine Täter waren.
Warum steht der Bundespräsident auf dem Marktplatz und spricht zu der Menge statt zu den Hinterbliebenen, wo sie ihm doch applaudieren.
Warum geht er nicht zu ihnen nach Hause und drückt ihre Hand?
Warum steht er auf dem Marktplatz und legt Blumen auf den Boden, wo sie doch ein paar Hundert Meter weiter wohnen.
Da geht man doch hin und klingelt. Entschuldigt sich für das Fehlen der Kanzlerin, spricht sein Beileid aus. Zieht die Schuhe aus, setzt sich und trinkt still einen Tee.
So macht man das doch bei Kindern dieses Landes, die sie vielleicht doch nicht ganz waren, Die sie aber jetzt werden, auf dem Friedhof Birkenhainer Straße in Hanau.
Unter der Erde.
Keine Parolen toben über ihren Köpfen, keine Diskussionen über Zugehörigkeit und Identität, während Bakterien und Pilze sie integrieren.
In die deutsche Erde.
Für die ihre Enkel einst vielleicht Liebe empfunden hätten, eine Handvoll aufgegraben, vielleicht geküsst hätten, wie ihre Großeltern sie hätten geküsst, wenn sie nicht erst hätten sterben müssen, um integriert zu werden.
Unter der Erde. Unserer Erde.
Die nun ein Stück heimischer ist. Mit Hamza und Said.
Den Kindern dieses Landes.
Nie migriert. Und doch müssen sie erst integriert werden.
Jetzt. Unter der Erde.
„Aber nur ihr Körper.“
1 Kommentar. Hinterlasse eine Antwort
Sehr schöne Worte und leider so wahr.
Nein ich bin keiner der es aus eigener Erfahrung weiß, in Thüringen geboren vor über 50 Jahren, da bin ich deutsch genug.
Aber ich find’s einfach unsäglich, was in diesem Land passiert.
Wie sich das Haupt der Schlange wieder erhebt.
Dabei sagte man uns als Kind:
Seit wachsam!
Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das kroch.
Mein Opa erzählte mir von Stalingrad.
Er hatte Tränen in den Augen, gedachte der verlorenen Freunde und der gestohlenen Jugend.
Worum zählt wieder nur die Lautstärke und nicht das gesprochene Wort und sein Inhalt?